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    August 2002   
 

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Mondreise (Yue You), Zhu Xiang


Einige bescheidene Vorschläge zur Lesart dieses Gedichtes

Gespickt mit literarischen Anspielungen und vom Aufbau her sehr formal gehalten, ruft das Gedicht "Mondreise" von Zhu Xiang zunächst nicht unbedingt den Gedanken an eine literarische Erneuerung hervor, wirkt auf den ersten Blick eher konservativ. Bei genauerem Hinsehen stellt sich jedoch schnell das Gefühl ein, dass in diesem Gedicht einige Schleier liegen, hinter denen sich verschiedene Bedeutungsebenen verbergen. Im Folgenden möchte ich versuchen, einige dieser Schleier etwas zu lüften und den Blick auf drei Aspekte der "Mondreise" freizugeben.

a) die Bedeutung der überlieferten Tradition im China des zwanzigsten Jahrhunderts;

b) die Aufnahme der Diskussion, wie sich die "Neue Literatur" Chinas darzustellen habe, was die herausragenden Merkmale einer "Neuen Literatur" zu sein haben;

c) und auf einer tieferen Ebene das Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt, das im Rahmen der auch in China damals fortschreitenden Industrialisierung einer extremen Umwandlung unterworfen war.

Der genaueren inhaltlichen Analyse des Gedichtes soll jedoch eine kurze Betrachtung des formalen Aufbaus und einiger stilistischer Mittel vorangehen. Aus siebzehn Strophen à vier Zeilen bestehend, lässt sich das Gedicht (inhaltlich) in drei Hauptblöcke mit 7 Strophen, 4 Strophen und wieder 7 Strophen aufteilen; man könnte diese auch als Hinreise, Audienz und Rückreise bezeichnen. Einem regelmäßigen Versmaß folgend, wechseln sich jeweils eine Zeile à 5 Silben mit einer à 7 Silben ab, wobei die siebensilbigen Zeilen durchgängig reimen. Sowohl das sie-bensilbige als auch das fünfsilbige Versmaß finden sich in der Dichtung der Tang-Zeit sehr häufig wieder, wobei sich der Dichter in der Regel nur für eines der beiden entschied.

Eine inhaltliche Geschlossenheit erfährt das Gedicht durch die Auflösung am Ende: der Träumende erwacht und sieht das Mondlicht. Rückwirkend erscheint die Schlafkammer als Ausgangs- und Endpunkt der Mondreise, die Reise begann mit dem Glanz einer Sternschnuppe und endet mit dem Licht des Mondes. Interessanterweise scheint Zhu Xiang jedoch eine eindeutig zirkulare Form, bei der der Träumende auf einem Strahl des Mondlichtes aus der Kammer hinaus, und auf selbigem wieder zurück hätte gleiten können,bewusst zu vermeiden. In einem Punkt scheint zu Beginn des Gedichtes Klarheit zu bestehen: das Lyrische Ich läßt den Leser glauben, man habe es mit einem (im Gedicht) realen Protagonisten zu tun. Doch schon in der ersten Zeile müssen sich daran schon wieder Zweifel regen, denn das " Reiten auf einer Sternschnuppe" hin zum Palast des Mondes deutet an, daß man sich in einer anderen Dimen-sion befindet, und wenig später löst sich auch die zeitliche Dimension auf, wenn das Lyrische Ich auf Yü Huan, Chang Wo und Wu Gang trifft. Reale und mythische Figuren aus verschie-denen Epochen treffen aufeinander. Erst am Schluß, in der vorletzten Zeile, erfährt das Gedicht eine Auflösung: Bestürzt erwache ich/ das Mondlicht durchflutet meine Kammer. Alles also nur ein Traum.

Indem er zum schöpferischen Mittel des Traumes greift, ist es Zhu Xiang möglich, eine eigene Welt entstehen zu lassen. Gleichzeitig mag es sich hierbei um eine Anspielung auf den Daois-mus handeln, denn hier wird nun ein zweites Lyrisches Ich eingeführt, das nach dem Erwachen in der vom Mondlicht durchfluteten Schlafstube in Erscheinung tritt und nicht identisch ist mit dem "Ich", welches (im Traum) auf der Sternschnuppe ritt. Dieser Topos eines Träumenden, der Objekt seines eigenen Traumes ist, ist ja durch Zhuangzis Fabel vom Schmetterlingstraum hin-länglich bekannt. So knüpft Zhu also auch hier an die grundlegende Frage an, was real ist und was nicht. Die Frage jedoch bleibt offen und dem Gedankenspiel des Lesers überlassen. Festzuhalten bleibt jedoch, dass dieses alte Problem hier aufgegriffen wird und als bislang nicht gelöst erscheint. In einem späteren Teil werde ich versuchen, diesen Sachverhalt in einen grösseren Kontext einzuordnen.

Zhu Xiang hat sich beim Verfassen des Gedichtes strengen formalen Regeln unterworfen, die er bis zum Ende nicht durchbricht. Neben traditionellen finden sich aber auch moderne Stilmittel, wenn auch zum Teil nur in Andeutung. Die Frage, inwiefern Zhu Xiang "modern" ist, bzw. welcher dichterischen Strömung er zuzuordnen sei, soll an dieser Stelle nun nicht im Mittelpunkt stehen, sondern das Hauptaugenmerk auf der "Mondreise" liegen.

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Vorstellung des Autors Zhu Xiang / Übersetzung Teil I, Strophe 1-8 / Übersetzung Teil II, Strophe 9-17 / Grundsätzliche Fragestellung des Gedichtes / Alte Werte in einer neuen Zeit / Alter Stil beim Verfassen neuer Literatur / Die Rezeption gesellschaftlicher Veränderungen

 

 

 

 
 
 
 

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