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    August 2002   
 

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Mondreise (Yue You), Zhu Xiang

b) Alter Stil beim Verfassen Neuer Literatur

Wie oben erwähnt, hält sich Zhu Xiang an ein fünf- bzw. siebenzeiliges Versmaß, achtet auf ein durchgängiges Reimschema und hat sein Gedicht - auch inhaltlich - streng durchstrukturiert. Und nicht nur dies mag den Leser überraschen und eher an die traditionelle denn an die mod-erne Dichtung denken lassen. Wem kommt bei der Lektüre der letzten Zeilen nicht das bekan-nte Gedicht Li Bo´s in den Sinn:

Vor meinem Lager glänzt des Mondes Schein.
Mir ist, als wärs auf dämmernder Erde der Reif.
Ich heb´den Kopf - blick´ in den hellen Mond.
Ich senk´den Kopf und bin in Gedanken daheim.

Zhu Xiangs Mondreise also eine Remineszenz an den alten lyrischen Stil ? Diese Frage lässt sich schon mit Blick auf die für jedermann verständliche, sich nicht an das klassische Chine-sisch (wen yan) anlehnende Sprache verneinen. Vielmehr muss man das Gedicht wohl in den Kontext der damaligen Diskussion um die Form der neuen Dichtung und um die "erlaubten" stil-istischen Mittel stellen.

1917 erschien in der Zeitschrift Xin Qingnian ein Artikel von Hu Shi, in welchem er sich zu Form und Inhalt moderner Dichtung äusserte . Er stellte darin acht Leitsätze auf, an denen sich seiner Ansicht nach moderne Dichtung orientieren solle. Vier davon möchte ich hier zitieren:

· imitiere nicht die Alten
· verschliesse dich der abgedroschenen und formellen Sprache
· verwende keine Anspielungen
· verwende keine Parallelismen

Besonders ausführlich behandelt er die Thematik der Anspielungen, klassifiziert in erlaubte und nicht erlaubte - wie z.B. alte Metaphern mit einer festen, allgemeinverständlichen Bedeutung und Metaphern, die nur ungenau und nicht von jedermann gleich übertragen werden können - spricht von der geschickten und ungeschickten oder gar sinnlosen Verwendung von Anspielungen. Seine langen, mit zahlreichen Beispielen ausgeschmückten Ausführungen lassen den Leser etwas verwirrt und ohne völligen Einblick in die Differenzierungen Hu´s zurück, vermitteln gar den Eindruck, es handele sich weniger um einen festgefügten theoretischen Ansatz als um eine Frage der persönlichen Einschätzung Hu Shi´s. An einer Stelle schreibt Hu auf ein von ihm angeführtes Beispiel Bezug nehmend dann auch: " Ich persönlich empfinde dies als sehr ansprechend. Die Verwendung von Zhao Dun als Anspielung ist sehr geschickt und genau." .

Stellt man nun diesen Ausführungen das Gedicht "Mondreise"gegenüber, so erscheint es fast wie eine Antwort Zhu Xiangs an Hu Shi, eine recht provokante Antwort gar (auch wenn zwischen der Veröffentlichung des Artikels von Hu Shi und dem Erscheinen des Gedichtes ein Zeitraum von immerhin acht Jahern lag).

Die schon fast exzessive Aneinanderreihung von Anspielungen erscheint wie ein Plädoyer Zhu´s für die "Bedeutung jenseits der Worte" , dient aber vielleicht auch dazu, die Ausführun-gen Hu´s der Lächerlichkeit preiszugeben. Nachdem der eine sämtliche Variationen abhandelt und zu er- klären versucht, warum bestimmte Arten der Anspielung nicht mehr angebracht seien, gibt der andere sich die grösste Mühe, in einem einzigen Gedicht so viele Anspielungen wie möglich unterzubringen und es gelingt ihm schliesslich auch noch, diese in vollendeter Form zu einer gewissen inhaltlichen Dichte zu verknüpfen.

Nicht dass sich Zhu für eine Beibehaltung der alten Normen der Literatur ausspräche, aber wichtiger, als sich neue formale Regeln auszudenken war ihm wohl, neue Inhalte zu finden. Und eine Frage, die sich in der damaligen Erneuerungsphase der Literatur sicherlich nicht nur er gestellt hat, schwingt bei der Kritik an Hu mit: welchen Sinn macht es, sich von alten Zwängen zu befreien, nur um sich neue aufzuerlegen ? Die Antwort Zhu´s lässt sich unschwer erraten und auch aufgrund dieser Einstellung sieht er sich sicherlich verwandt mit dem von ihm ange-führten Freidenker Zhuangzi.

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Vorstellung des Autors Zhu Xiang / Übersetzung Teil I, Strophe 1-8 / Übersetzung Teil II, Strophe 9-17 / Grundsätzliche Fragestellung des Gedichtes / Alte Werte in einer neuen Zeit / Alter Stil beim Verfassen neuer Literatur / Die Rezeption gesellschaftlicher Veränderungen

 

 

 

 
 
 
 

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